Oft sind unsere Wahrnehmung und die Kommunikation stark auf unsere Interessen, deren Vermittlung und die Reaktionen der Beteiligten gerichtet. Wir kategorisieren die Reaktionen gerne in richtig oder falsch bzw. gut oder schlecht, und die KollegInnen, MitarbeiterInnen oder Kunden und Kundinnen werden von uns ebenfalls entsprechend ihrer Meinung "eingeordnet". Doch durch diese Kategorisierung bzw. Wertung verschwindet die Tatsache aus unserem Blickfeld, dass es einen Grund für die Aussagen und Handlungen gibt.
Dabei kann sich unsere Wahrnehmung erheblich erweitern, wenn wir uns das Zitat aus dem Talmud vergegenwärtigen: „WIR sehen die Welt so wie WIR sind.“ Es verdeutlicht, dass die Aussagen und Handlungen unserer MitarbeiterInnen, KollegInnen oder KundInnen nicht absolut sind, sondern deren Interpretation stark von unserer eigenen Haltung, unseren Werten und unserer Beurteilung abhängt.
Und die Unterschiedlichkeit in der Haltung, in den Blickwinkeln der Menschen auf Ereignisse, Ziele, Informationen usw. sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Dies veranschaulicht uns das heutige Bild: Wenn wir es „wörtlich“ nehmen, so wäre die Haltung bei der linken Hälfte eine "bodennahe", welche auf Details blickt. Die rechte Hälfte ist eine in die Ferne orientierte Haltung, welche einen größeren Kontext erfasst, jedoch das Detail aus dem Auge verliert.
Dies legt eine der wesentlichen Gestaltungsaufgaben von Führungskräften offen: Einen Rahmen zu schaffen, welcher es ermöglicht, unterschiedliche Haltungen transparent werden zu lassen und unterschiedliche Blickwinkel "besprechbar" zu machen. Es gilt, gedanklich oder faktisch, neben jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter zu treten, um ihren bzw. seinen Blickwinkel einzunehmen, anstatt diesen als "falsch", "schlecht" oder "unzulänglich" abzutun. Denn nur dann werden alle offenen Erfolgschancen genutzt. Erst die Integration aller Blickwinkel eröffnet zuvor unentdeckte Möglichkeiten, um scheinbar erfolglose, wirkungslose Gespräche erfolgreich zu machen; um den für MitarbeiterInnen, Kundinnen, Kunden und die Unternehmung ersehnten Mehrwert zu stiften; um das gemeinsame Ziel zu erreichen etc.
Es erfordert eine große Offenheit, ja sogar Demut der Führungskraftanzuerkennen, dass scheinbare "fehlerhafte Wahrnehmungen" von MitarbeiterInnen, Kundeninnen und Kunden ein Hinweis auf nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten sind. Denn diese sind sehr kostbar, wenn sie durch eine Anpassung der eigenen Strategie, Vorgehensweise oder Kommunikation nutzbar gemacht werden. So kann sich ein Wechsel des Standpunkts und somit auch des Blickwinkels für alle lohnen - um EINsicht auf den Unternehmenszweck und die erforderlichen Schritte herzustellen.
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